Puh, kaum ist der Dezember angebrochen, ist auch schon wieder so richtig viel los. Vielleicht ergeht es dir ähnlich? Da ich gerade im Hintergrund an tollen Angeboten für dich arbeite, gibt es diesmal einen Auszug aus einem meiner Lieblings-Eltern-Bücher, das ich in diesem Jahr förmlich aufgesaugt habe. Es heißt "artgerecht durch den Familienalltag" von Nicola Schmidt.
Ich wünsche dir wunderbare Erkenntnisse.
Elternfrage
Ich will nicht!
Ich habe ein riesiges Problem mit meinem fast zweijährigen Sohn, der super wütend und aggressiv wird, wenn ich ihn wickle, anziehe oder Zähne putze. Er tritt mich brutal, windet sich und schreit. Wie reagiere ich da gut?
Stellen wir uns einfach Folgendes vor: Wir leben in einem Haushalt mit zwei CEOs - also Geschäftsführenden -, die ständig alles entscheiden: wann und was wir essen, wann und wie wir rausgehen, wann und wie wir auf Toilette gehen, wann und womit und wie lange wir spielen, was wir anfassen dürfen und was nicht, wie wir mit anderen Menschen umgehen sollen, ob man die Katze streicheln darf und dass die Puppe nicht uns gehört, obwohl wir sie wirklich, wirklich zuerst gesehen haben! Außer dem zuppeln sie ständig an unserem Körper herum, ziehen uns an und aus, fuhrwerken mit Dingen in unserem Mund herum, cremen und pudern und sagen "Warte kurz!" und, und, und... Irgendwann wird es uns zu viel. Irgendwann wollen wir nicht mehr, irgendwann reicht es. Natürlich ist es so, dass wir Kinder versorgen und erziehen müssen. Aber es kann wirklich nervig sein - für die Kinder. Sie sind oft ohnmächtig und überwältigt und das erzeugt Stress.
Was können wir also tun?
Wir können möglichst viele der Situationen immer und immer wieder spielen lassen.
- Wir stellen uns beim Anziehen doof an und lassen uns vom Kind erklären, wie das geht.
- Wir legen eine Anziehstraße aus Kleidungsstücken; wir ziehen das Kind als Puppe an; wir ziehen uns seine Sachen an ("Na so was! Das passt mir ja gar nicht!") und machen so viel Quatsch wie möglich.
- Wir lassen das Kind aussuchen, was es selbst anzieht und was wir ihm anziehen.
- Wir lassen uns vom Kind die Zähne putzen oder lassen es auch mal ein paar Tage - besonders abends - sein, damit wir uns alle wieder entspannen. In dieser Zeit essen wir möglichst wenig Zucker und vertrauen darauf, dass die Zähne nicht in drei Tagen kaputtgehen. Wir putzen tagsüber, wenn alle gute Laune haben, statt abends, wenn alle müde sind.
- Wir lassen uns vom Kind schnappen beim Fangenspielen, umwerfen beim Kämpfen, besiegen bei der Kissenschlacht, niederringen beim Raufen und geben ihm das Gefühl, dass es auch mal der "starke Part" sein kann.
- Wir lassen das Kind möglichst viele Dinge selbst entscheiden, die es selbst entscheiden kann: Du sagst mir, welche Hose du willst, und erklärst mir, wohin sie gehört, dafür helfe ich dir beim Anziehen.
Und wenn wir loslassen und uns selbst nicht mehr so ernst nehmen kann sich die Situation oft erst entspannen. Nur brauchen wir aber die Sicherheit, dass wir nicht die Kontrolle verlieren. Was allerdings nicht zu erwarten ist, denn nachsichtige, lässige Eltern haben oft sehr kooperative Kinder. Es gilt nicht, was wir oft hören, dass die Kinder uns dann "auf der Nase herumtanzen, wenn wir Regeln nicht durchziehen" - dafür gibt es keinerlei wissenschaftliche Beweise.
Loslassen, durchatmen, spielen
Wir lassen los. Wir lassen Gras über die Sache wachsen. Wir atmen durch und was immer wir zurückschrauben oder spielerisch machen können, das machen wir. Dann werden auch die unumgänglichen Verrichtungen wie das Wickeln leichter. Und vielleicht stellen wir fest, dass unser Kind deshalb nicht mehr gewickelt werden will, weil es trocken werden möchte? Und dann ist sein Widerstand plötzlich ein Geschenk.
Ich hoffe sehr, dass du dir einige Punkte aus dem Artikel mitnehmen konntest und umso mehr, wenn er dir in der Vorweihnachtszeit ein wenig Entspannung schenken kann.
Wenn du außerdem jemanden zum Reden brauchst, melde dich gerne bei mir. Mein kostenloses Kennenlerngespräch gibt dir die Möglichkeit, mir deine Fragen zu stellen. Ich höre dir zu und werde herausfinden, wie wir dir bestmöglich helfen können.
Es handelt sich um einen Auszug aus:
Schmidt, N. (2022) artgerecht durch den Familienalltag. Kösel-Verlag München. (Seite 102 ff.)