Wenn ein zweites Kind in die Familie hineingeboren wird, so bringt dies viele Familien zunächst einmal aus dem Gleichgewicht. Vor allem an Einem geht dies in den meisten Fällen nicht spurlos vorbei: Dem erstgeborenen Kind. In meinem letzten Blogartikel hast du erfahren, welche typischen Verhaltensweisen bei deinem erstgeborenen Kind auftreten können und welche Ursachen sich dahinter verbergen.
Dieser Artikel soll dir Hilfe leisten. Ich verrate dir, wie du auf das provozierende, aggressive und regressive Verhalten deines erstgeborenen Kindes eingehen kannst und gebe dir ein paar Handlungsmöglichkeiten an die Hand - damit du das harmonische Familienleben erschaffen kannst, das du dir sehnlichst wünschst.
In der Routine liegt die Kraft
Routinen geben, veränderungen nehmen
Wie du bereits in Teil I erfahren hast ist die Sicherheit eines der wichtigsten Basis-Grundbedürfnisse. Somit erschließt es sich auch, dass sie eines der ersten Dinge ist, die wir nach der Geburt eines Geschwisterkindes angehen sollten. Wenn sich alles nach dem Baby richtet, werden nicht selten die bewährten Routinen über Bord geworfen - und damit auch die Strukturen, die dem erstgeborenen Kind einst Sicherheit gegeben haben. Routinen geben Sicherheit, Veränderungen nehmen sie. So einfach ist das!
1. Stelle dir einmal die folgende Frage: Welche Routinen kann ich in unserem neuen Alltag etablieren oder ggf. beibehalten?
2. Wirf dann einen Blick auf die Veränderungen und überlege dir, welche Übergänge und Veränderungen du deinem älteren Kind momentan ersparen kannst. Ist es wirklich wichtig, dass es JETZT trocken wird oder beim Schlafen auf den Schnuller verzichtet? Gibt es eine Möglichkeit, dass das Kind zu einem anderen Zeitpunkt von der Krippe in den Kindergarten wechselt? Können der Umzug noch einmal ein paar Monate nach hinten verschoben werden? All das können wichtige Überlegungen sein, um die alte Ordnung und Sicherheit für den Moment zu halten.
Beiden Kindern gerecht werden
was, wenn gemeinsame Tätigkeiten untebrochen werden?
Wie du ja bereits weißt, steckt das erstgeborene Kind oftmals in einem emotionalen Dilemma und ist sich der Liebe seiner Eltern auf einmal nicht mehr so sicher. Dies wird durch das Auftreten unvermeidbarer Situationen erschwert. Ein Klassiker ist das Unterbrechen gemeinsamer Tätigkeiten mit dem älteren Kind, weil das Baby weint. Schon klar, du solltest nun zügig nach deinem Säugling Ausschau halten. Doch wie kannst du nun beiden Kindern gerecht werden?
Ein prima Tipp, den ich bei Laura Markham gelesen und für gut befunden habe, ist der folgende:
- Eltern können sagen "Oh, Benno wacht auf ... er will mit uns spielen! Kommt, wir holen ihn her!“
- ... und dann das Kind begeistert umarmen und gemeinsam das Baby holen.
- Ist das Baby dann zufrieden, können sie dem Baby spielerisch erklären in dem Wissen, dass es das ältere Kind hören wird: "So, Benno, jetzt binde ich Mia die Schuhe, gleich bin ich wieder für dich da, aber jetzt wartest du kurz!"
- So erfahren die großen Kinder, dass jeder mal warten muss und dass das Schreien des Babys keine ärgerliche Störung ist, sondern ein Kontaktruf - was de facto ja auch zutrifft.
Regression hat einen Zweck
Kinder suchen keine Anleitung, sondern Verbindung
Wenn dein Kind Regressionsverhalten zeigt („in den Entwicklungsschritten zurückfällt“), dann sucht es keine Anleitung, sondern Verbindung. Doch wie sollst du nun angemessen auf das Verhalten reagieren? Dem Kind die Schuhe anziehen, obwohl es das eigentlich schon kann? Oder besser nicht?
Diese Frage ist an sich gar nicht schwer zu lösen, wie man im ersten Moment denkt: Hilf beim Schuhe anziehen! Lass dein großes Kind einfach mal wieder Baby sein. Alles andere ergibt sich mit der Zeit wirklich von selbst. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass dein Kind für immer Windeln tragen oder sich niemals wieder selbst anziehen wird. Wenn es merkt, dass es die gleichen Rechte hat wie das jüngere Geschwisterchen, so wird das regressive Verhalten mit der Zeit wieder verschwinden. Sätze wie „Du bist doch schon groß!“ oder „Du bist doch kein Baby mehr!“ helfen hier nicht viel, insbesondere nicht, wenn wir uns die harmonischen Eltern-Kind-Beziehung zum Ziel gesetzt haben.
Provokation und Aggression
Jedes Verhalten hat einen Sinn
Eine der häufigsten Verhaltensweisen, von der mir meine Klientinnen in den Coachings erzählen, ist die Aggression. Hier kann es uns wirklich erleichtern, die provozierenden und aggressiven Verhaltensweisen des Kindes als das zu sehen, was sie sind: nämlich die momentan einzige Möglichkeit des Kindes, sein Befinden zum Ausdruck zu bringen.
Behalte im Hinterkopf, dass jegliches Verhalten eines Kindes in einer bestimmten Situation das Beste ist, das es zeigen kann. Es ist schlicht noch nicht in der Lage, anders zu handeln, weil es keine Alternativen kennt oder diese schlicht in seinem aufgewühlten Zustand nicht aktivieren kann. Ist dieses gezeigte Verhalten nicht gesellschaftskonform (und das Beleidigen oder Hauen von Erwachsenen wird in unserer Gesellschaft nicht gern gesehen), dann ist es unser Job, dem Kind neue Wege aufzuzeigen. Erst, wenn ein Kind viele verschiedene Verhaltensalternativen kennt und eingeübt hat, kann es irgendwann konstruktiv agieren. Hierbei hilft das Spiegeln und Verbalisieren der Gefühle des Kindes:
"Du bist jetzt wirklich aufgebracht/sauer/wütend, weil ich dir ... verboten habe. Ich kann das gut verstehen. Versuch beim nächsten Mal zu sagen: 'Ich bin echt wütend mit dir, Mama, weil....' Du kannst dabei auch mit dem Fuß aufstampfen, vielleicht hilft dir das?".
Mal abgesehen davon, dass Strafen niemals eine wirklich gute Option sind, helfen sie hier keinem. Ganz im Gegenteil, sie trennen das Band zwischen Eltern und Kind - was dem Grundbedürfnis nach Verbindung einen Abbruch tut.
Wenn du wissen möchtest, wie du deinen Familienalltag endlich ganz entspannt angehen, die Ursachen für das Verhalten deines Kindes erkennen und sinnvoll darauf reagieren kannst, dann sichere dir jetzt ein Impulscoaching mit mir.
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Quellenangaben:
Schmidt, N. (2018). Geschwister als Team: Ideen für eine starke Familie. Ein artgerecht-Buch., Kösel-Verlag
Graf, D., Seide, K. (2014). Die nachgeburtliche Geschwisterkrise - wenn ältere Geschwister entthront werden.(letzter Zugriff am 20.10.2022)